Unsere Reise durchs Land der Moche

Wir sind Myriam und Yenrri, eifrige Quer durch Peru Leser. Im Juni 2022 reisten wir entlang der peruanischen Nordküste von Tumbes bis Lima. Wir waren begeistert und wollen diese Begeisterung im Rahmen eines kleinen Reiseberichts mit Euch teilen.

 

 

 

Für Fans der Altamerikanistik ist die Nordküste Perus das reinste Schlaraffenland. Der Norden Perus ist eine wahre Fundgrube von Überresten untergegangener Prä-Inka-Kulturen. Bei der Fülle von Ausgrabungen, Sehenswürdigkeiten und Museen mussten wir im Nachhinein leider feststellen, dass 12 Tage nicht ausreichend waren, da wir auch noch in Máncora und Vichayito die Seele baumeln ließen. Die Fülle an Informationen würde auch den Rahmen dieses Reiseberichts sprengen, sodass ich nur einige persönliche Highlights vorstellen werde.

 

Wir begannen unsere Reise in Tumbes, wo wir von Lima aus hinflogen. Obwohl Tumbes, was früher einmal zu Ecuador gehörte, eigentlich ein für die Entwicklung Perus geschichtsträchtiger Ort
ist, erinnert bis auf eine Gedenktafel nichts an die Ereignisse, die das Ende des Inka-Imperiums einläuteten: Im Jahr 1526 liefen die Spanier in Tumbes ein und Francisco Pizarro, der spanische
Conquistador, hatte den ersten Kontakt mit dem Inka-Reich. 1531 kehrte er mit knapp 200 Mann an genau denselben Ort zurück und der Anfang des Endes des Inka-Reiches war besiegelt. Wir
beschlossen nach einem Mittagessen an der Promenade Puerto Pizarros direkt nach Máncora weiterzufahren. Nach drei erholsamen Tagen am Strand und einem kurzen Zwischenstopp in dem Kunsthandwerkerort Catacaos nahe Piura, wo es die peruanische Variante des Panama Huts zu kaufen gibt und unzählige Picanterías, die traditionelle Gerichte anbieten, waren wir bereit, in die Kultur der Moche einzutauchen. Aufgrund der Covid-19 Schutzmaßnahmen wurde vor Eintritt in die Busbahnhöfe der Impfstatus und das Tragen einer Maske überprüft. In den Museen herrschte Maskenpflicht (Stand Juni 2022).

 

 

Das 2002 eröffnete Museo Nacional Tumbas Reales de Sipán in Lambayeque stand für mich als Anthropologin ganz oben auf der Liste, da es Exponate aus dem größten archäologischen Grabfund
der peruanischen Geschichte ausstellt und als eines der besten historischen Museums Perus gilt. Ich wurde definitiv nicht enttäuscht. Die Architektur des Museums ist den Pyramiden von Sipán in Form und Farbe nachempfunden. Eine breite Rampe führt hoch zum Eingang des Museums. Das Museum ist in drei Ebenen aufgeteilt und berichtet beeindruckend und facettenreich über die 1000 Jahre lang vorherrschende Kultur der Moche (200 v. Chr. bis 800 n. Chr.). Es beherbergt die Originalfundstücke des Grabes des Señor de Sipán sowie weiterer Persönlichkeiten, die einen
unermesslichen Reichtum mit ins Jenseits nahmen, um den königlichen Lebensstil auch dort fortzusetzen und ist im Besitz der sterblichen Überreste des Herrschers. Die Mochicas bauten riesige Pyramiden, die erdbebensicher waren und eroberten die Wüste mit ihren Wassersystemen, die bis heute erkennbar sind. Die Ebenen eins und zwei widmen sich der Geschichte und Kultur der Moche, ihrer Keramikkunst und den kostbaren Grabbeigaben aus den Gräbern von Sipán. Anhand der Grabbeigaben konnten Archäologen und Anthropologen Funktion und Rang der Verstorbenen nachvollziehen.

 

So wurden zum Beispiel nur hochrangigen Verstorbenen goldene Objekte in den Mund gelegt. Nasenornamente waren ebenfalls ein Zeichen hohen Ranges. Muscheln hingegen wurden jedem Grab beigelegt, da sie als Nahrung der Götter galten und die Götter gnädig stimmen sollten. Die dritte Ebene berichtet über die spektakulären Ausgrabungen der Gräber von Sipán von 1987, wobei sogar ein Huaquero (Grabräuber) von der Polizei erschossen wurde. Das einzige Manko ist, dass fast alle Erklärungen nur auf Spanisch sind. Der Eintritt kostet S./ 10. Von Chiclayo bis Lambayeque ist es eine kurze Taxifahrt, die S./ 3,5 gekostet hat.

 

 

Nach dem Museumsbesuch und Mittagessen im „Rincón del Pato“ mit traditioneller Küche (für Veganer leider nicht unbedingt geeignet) ging es für uns mit Colectivo und Tuktuk weiter (ca. 30
Minuten) zu der faszinierenden Ausgrabungsstätte der Lehmpyramiden von Túcume, die der Lambayeque Kultur zuzuordnen sind, die sich nach dem Niedergang der Mochica Kultur in diesem Gebiet ausbreitete. Neben den vermutlich für religiöse Rituale genutzten Pyramiden (26!) aus präkolumbischer Zeit sind auf dem Gelände ein Museum (über das Territorium, die Götter und den
Lord von Túcume), ein Auditorium, ein toller Aussichtspunkt und Verpflegungsstände. Die Huaca Larga gilt als die größte Adobepyramide der Welt. Der Eintritt zur Ausgrabungsstätte inkl. Museum kostet S./8.

 

Am nächsten Tag standen die Zwillingspyramide Huaca Rajada und das Grab des Señor de Sipán auf unserer Liste, nachdem wir im Museo Tumbas Reales so viel über die Ausgrabungsstätte
erfahren hatten. Die Anlage liegt mitten in Zuckerrohrplantagen und ist in ca. 50 Minuten mit dem Colectivo von Chiclayo aus zu erreichen. Die Pyramiden wurden aus Millionen von Lehmsteinen über mehrere Generationen hinweg erbaut. Der vordere Teil des Komplexes, die Bestattungsplattform, enthält 16 Gräber unterschiedlicher Epochen und hierarchischen Stands, allesamt mit wertvollen Grabbeigaben ausgestattet. Der 40-jährige Fürst von Sipán wurde von acht Personen auf seine Reise ins Jenseits begleitet. Darunter sein Leibwächter, dessen Füße abgehackt wurden, um dem Fürsten bis in alle Ewigkeit zur Seite zu „stehen“. Der Fund der Bestattungsplattform ist einer der spektakulärsten Grabschätze Amerikas. Nach dem Untergang der Moche Kultur wurde der Komplex von Sipán von den Chimus (deren Hauptstadt Chan Chan war) übernommen, allerdings nicht mehr für rituelle Zeremonien, sondern als Wohnstätte und Warenlager genutzt.

 

 

Das Museo de Sitio Huaca Rajada – Sipán liegt in unmittelbarer Nähe von dem archäologischen Komplex und gibt einen sehr guten geschichtlichen Überblick über die Entwicklungen der Kulturen Perus von v. Chr. bis zu den Inkas. Und dieses Mal inklusive englischer Übersetzung. Der Eintritt kostet S./ 8. Vorsicht! In Sipán gibt es unglaublich viele Mücken! Zwischen dem Museum und Ausgrabungsstätte gibt es nette Gartenlokale und einen gut ausgestatteten Campingplatz. Chiclayo eignet sich hervorragend als Ausgangspunkt für Ausflüge in der Region und so war es auch unsere „Basis“. Der Hexenmarkt in Chiclayo, wo man Heilkräuter und Elixiere gegen alle vorstellbaren Krankheiten, körperlichen Probleme und Fehden kaufen kann, ist sehenswert. Als letzte Station auf unserer Liste stand Chan Chan nahe Trujillo. Die Busfahrt von Chiclayo nach Trujillo dauerte ca. 3,5 Stunden. Chan Chan ist der Chimu Kultur (1100 n. Chr. – 1460 n. Chr.)
zuzuordnen, deren Hauptstadt es war. Chan Chan ist die größte Lehmziegelstadt der Welt und beherbergte zu seiner Hochzeit 100.000 Einwohner. Nach dem Untergang der Moche, von denen die Chimus Vieles übernahmen, wurden sie zur vorherrschenden Macht an Perus Küste. Chan Chan ist eine riesige Anlage, links und rechts der Landstraße von Trujillo nach Huanchaco. Ein
vergleichsweise kleiner Teil wurde von Archäologen restauriert. Leider hat das Wetterphänomen El Niño seine zerstörerische Kraft gezeigt und Schäden an den Ausgrabungen verursacht.

 

Vorsicht: Sowohl das Museum, als auch die Anlage sind montags für Besucher geschlossen. Und wie es der Zufall so will, fiel unser Besuch auf einen Montag. Als wir dies realisierten, war die Stimmung natürlich auf dem Tiefpunkt. Wir änderten kurzfristig unsere Pläne und machten uns auf den Weg nach Huanchaco, um uns die Caballitos de Totora anzuschauen. Wie erwähnt führt die Landstraße nach Huanchaco an den Ruinen vorbei und aus einer Mischung aus Faszination und Neugier hielten wir das Colectivo an und wanderten durch den riesigen Teil der Anlage, der bisher nicht vollständig restauriert und frei zugänglich ist.

 

 

Zwei Stunden später standen wir, dank Yenrris überzeugender Argumente, dennoch in der menschenleeren und deshalb etwas gruselig wirkenden Ausgrabungsstätte und bestaunten die Detailtreue der ehemaligen Hauptstadt. Für mich, die vorher nur Inka Ausgrabungen besucht hatte und sich viel mit der Inka Kultur und Geschichte beschäftigt hat, war die Reise in die Kulturen der Prä-Inka-Kulturen wie ein fehlendes Puzzlestück für eine ganzheitliche Sichtweise Perus. So adaptierten doch die Inka Vieles aus den vorangegangenen und eroberten Kulturen, sei aus machtpolitischen Gründen, um die eroberte Bevölkerung gnädig zu stimmen und die Akzeptanz der Inka Herrscher von Seiten der unterworfenen Völker zu erhöhen, aber natürlich auch aus nützlichen Gründen. Die Stärke der Inka resultiert unter anderem aus dem Reichtum der Prä-Inka-Kulturen, deren Spuren bis zum heutigen Tag auf beeindruckende Art sichtbar sind.

 

Vielen Dank an Myriam und Yenrri für den spannenden Gastartikel!

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