Erfahrungsbericht: Reisen während Corona in Peru 2021 – zwischen Verzweiflung und Zuversicht


In diesem Gastartikel berichtet Hannah von ihrer dritten Peru-Reise im September und Oktober 2021. Wie sieht die Realität mit Corona in Peru aus? Wie geht es den Menschen vor Ort in diesen Zeiten? Und wie fühlen sich Reisen während Corona in Peru an?

 

Endlich angekommen in unserem Hostel in Arequipa, dem ersten Stopp unserer Rundreise durch Südperu! Nach mehr als 30 Stunden Anreise spürte ich endlich wieder frische Luft in meinem Gesicht, denn für einen Moment konnte ich meine zwei übereinander gelegten Masken abziehen. Diese frische Andenluft … was habe ich das vermisst! Die Peruaner:innen schienen sprichwörtlich mit ihren Masken verwachsen zu sein. Immer und überall müssen Mund und Nase bedeckt sein. In öffentlichen Gebäuden, wie Flughäfen sogar doppelt. Die Kombinationsmöglichkeiten sind divers: Zwei OP-Masken, OP-Maske unten und FFP2-Maske drüber, zwei FFP2-Masken, OP-Maske plus Visier, FF2-Maske plus Visier …
Obwohl ich die Effektivität der doppelten Maskenpflicht für wissenschaftlich fraglich halte, befolge ich selbstverständlich die Regeln. Wenngleich ich mir sicher bin, dass ich den nächsten 5.000er-Gipfel vermutlich so nicht erklimmen werde können. Meine Seele war zu diesem Zeitpunkt vor allem mit einem erfüllt: Mit Dankbarkeit. Ich bin tatsächlich wieder hier. In Peru. 

 

 

Reisen während Corona in Peru: Unproblematische Einreise

 

Bis zu diesem Moment glich diese aus tiefer Sehnsucht entstandene Reise einer Zitterpartie. Jedes Szenario drehte ich im Vorhinein auf links, um alle etwaigen Risiken abzuwenden. Verzweiflung und Nervosität waren meine täglichen Begleiter. Wird unsere Reise in diesen Zeiten wirklich klappen? Doch im Endeffekt lief die Einreise wesentlich reibungsloser als gedacht. Mit vollständiger Impfdosis im Organismus fühlte ich mich sicher, mich selbst vor diesem lästigen Virus zu schützen, aber auch meine Mitmenschen. Ein wenig Glück spielte uns wenige Tage auch noch in die Karten. Für vollständig Geimpfte entfiel die Testpflicht für die Einreise. Für unser Gefühl machten wir dennoch einen Schnelltest. Nur zwei Tage nach unserer Ankunft in Peru mussten Reisende, trotz vollständiger Impfung, wieder einen negativen PCR-Test vorlegen. Selbst das hätte meiner Reise nach Peru aber sicherlich keinen Abbruch getan. Wo ein (vernünftiger) Wille ist, ist auch ein Weg!

 

 

Von Erinnerungen und unbändigem Zusammenhalt

 

Vor mehr als 7 Jahren hatte in Cusco alles begonnen. Mit damals zarten 19 Jahren war ich dem Ruf meines Herzens gefolgt, der mich auf irrationale Weise nach Peru geführt hatte. Als Volunteer hatte ich mich in einem gemeinnützigen Projekt zur Förderung sozial benachteiligter Kinder in Tankarpata, einem abgelegenen und ärmlichen Randbezirk von Cusco, engagiert und während dieser Zeit in einer herzlichen Gastfamilie gelebt, zu der ich bis heute Kontakt pflege. Diese intensive Zeit hatte dazu geführt, dass ich mich auf ewig mit Peru verbunden fühlen werde, mich Zuhause fühle. Die Tatsache, dass ich damals meinen (deutschen) Partner kennen- und lieben gelernt habe, verstärkt die Verbundenheit. Nun wollte ich bei meiner zweiten Rückkehr nicht nur meine Gastmama endlich wieder in die Arme schließen, sondern auch dem Projekt in Tankarpata, welches ich dieses Jahr noch mit Spenden unterstützt hatte, einen Besuch abstatten. Als ich 2020 mitbekommen hatte, dass das Projekt wegen Corona vollends auf Eis gelegt werden musste, konnte ich eine Träne nicht unterdrücken. Es durften keine Volunteers kommen und entsprechend auch nicht in der Caja Mágica, dem projekteigenen Hostel im Zentrum Cuscos, übernachten. Folglich lagen die Einnahmen der NGO bei 0. Eine Unterstützung der aus äußerst einkommensschwachen Familien stammenden Kinder, deren Eltern nicht selten drogenabhängig sind, brach von jetzt auf gleich ein. Ich hatte kurzum einen Spendenaufruf auf unserem Reiseblog und in den sozialen Medien gestartet, da ich es nicht zulassen konnte, dass den Kindern aus Tankarpata wegen eines Virus die Chance auf eine aussichtsreichere Zukunft genommen würde. Die Pandemie hat natürlich auch die Kinder in Industrieländern, wie bei uns in Deutschland, hart getroffen – keine Frage. Doch ich denke, jeder der sich einmal in Peru oder generell abseits unseres europäischen Denkens aufgehalten hat, weiß, was ich damit meine. Wir verabredeten uns mit Edu, dem Leiter der Organisation, der heute wie 2014 noch immer uneigennützig wie kaum ein anderer, für das Projekt in Tankarpata lebt. Er erzählte mir, dass die Caja Mágica bis auf Weiteres geschlossen bleibt und zu diesem Zeitpunkt drei Volunteers am Start waren. Vor 7 Jahren sind es mit mir locker 10 oder 12 Volunteers gewesen. Das tägliche Zähneputzen mit den Kindern musste aus hygienischen Gründen ausfallen. Edu war sichtlich traurig darüber. Doch das hinderte ihn nicht daran, weiterhin täglich alles für sein Herzensprojekt, für die Kinder zu geben. Stolz zeigte er mir, dass, dank unserer Spendenaktion, ein Drucker und ein kleiner Computer gekauft werden konnte. So können sich die Kinder selbst ein Motiv zum Ausmalen aussuchen. Von der Möglichkeit, dass ihr Wunschmotiv direkt aus dem Drucker kommt, waren sie hellauf begeistert. Mein Herz wurde warm, so glücklich war ich, dass ich während dieser schwierigen Zeiten einen Teil zum Positiven beitragen konnte. 

 

 

Für alle Peru-Abenteurer: Hannahs Buch „Pachamama – Reise ins Unbekannte“

 

Mit 19 Jahren alleine als Volunteer in die peruanischen Anden? Ein mutiger Schritt in die Welt, der aber schon einige Zeit vorbestimmt schien.

 

Ihre erste prägende Reise nach Peru hat Hannah in einem Buch festgehalten. „Pachamama – Reise ins Unbekannte“ erzählt eine authentische Reisegeschichte, die zum Nachdenken anregt. Neben Anekdoten über die kulturellen Eigenarten und der landschaftlichen Schönheit Perus lässt die Autorin stets tiefe Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelt zu. Die Autorin nimmt die Leser*innen in ihrem autobiografischen Werk mit auf eine abenteuerliche Reise durch das Land der Inka und durch die Entwicklung ihrer eigenen jungen Persönlichkeit. Die Reise nach Peru mit allen Herausforderungen, Höhen und Tiefen drehte ihr Leben um 180 Grad und ließ sie erkennen, dass die Welt ihre beste Lehrerin ist – mit Lehrstunden der etwas anderen Art.

„Pachamama – Reise ins Unbekannte“ ist als Taschenbuch und als eBook erhältlich und überall bestellbar, wo es Bücher gibt. Über den Online-Shop ihrer eigenen Website www.generation-world.de versendet Hannah persönlich signierte Exemplare mit exklusivem Lesezeichen.

 

Weitere Infos zum Buch und Bestellung mit Signierung und Lesezeichen: www.generation-world.de/pachamama-das-buch

 

Impfsituation in Peru

 

Ich sprach während dieser Reise sehr oft und teils sehr intensiv mit den Einheimischen und merkte rasch, dass in Peru weitaus mehr Offenheit und Besonnenheit gegenüber dem Thema Corona herrscht als bei uns in Deutschland. Ob mich das wunderte? Nein, absolut nicht. Was nicht bedeutet, dass kein Respekt oder gar Angst verbreitet ist. Doch scheinbar niemand muss sich in der Gesellschaft mit seinen Aussagen verstecken. Auf der Reise begegnete ich drei Menschen, die mir detailliert von ihrer überstandenen Corona-Infektion berichteten. „Tagelanges Fieber, Erbrechen, Kurzatmigkeit … endlich kann ich wieder einigermaßen diese Treks hier bestreiten.“ – sagte er und rannte gefühlt wie ein Blitz an mir vorbei. Rund 20% der peruanischen Bevölkerung sollen wohl im September 2021 geimpft gewesen sein. Die Aussagen variieren etwas. Was die Impfbereitschaft angeht, herrscht zwar Uneinigkeit, aber keinesfalls Spaltung. Gesellschaftliche Spaltung und Zukunftsangst hat in Peru zu dieser Zeit ganz andere Wurzeln, nämlich die im Sommer vollzogene Präsidentschaftswahl. Ein wenig zu meiner Überraschung bekam ich von Peruaner:innen nichts als Skepsis gegenüber dem neuen, linken Präsidenten Pedro Castillo zu hören. Keiner weiß, was passieren wird. Sicherheitshalber parken die Menschen, die auch nur ein bisschen über Vermögen verfügen, ihr Geld bereits in Panama. Bekanntlich sind Politik und Pandemie eng verzahnt. Damit verbunden wurde zum Zeitpunkt meiner Reise, laut Aussagen meiner Gesprächspartner, hauptsächlich der chinesische Impfstopp Sinovac oder der russische Sputnik verabreicht. Das ist vielen nicht ganz geheuer. In den amerikanischen Impfstoff von Moderna setzen viele mehr Vertrauen, doch dieser ist nur in sehr geringen Dosen vorhanden. Beim Kaffeetrinken mit meiner Gastmama aus 2014 erfuhr ich von einer fragwürdigen Impfreihenfolge. Während alle über 35 Jahre offenbar ein Impfangebot haben, werden nun Kinder bis 18 Jahren priorisiert. Die Altersgruppe zwischen 20 und 35, in die ihr Sohn (also mein damaliger Gastbruder) fällt, wurde bis September 2021 grundlos ausgelassen.

 

 

Reisen während Corona in Peru

 

Aus der Brille eines „herkömmlichen“ Reisenden fielen in Peru hauptsächlich zwei Dinge auf: Die strenge Maskenpflicht und die nicht unwesentlich hohe Anzahl an geschlossenen Hostels und Restaurants. Und nein, meine Befürchtung die Masken auch beim Wandern in den Anden tragen zu müssen, hat sich nicht bestätigt. Gelassenheit und gesunder Menschenverstand hilft auch oftmals weiter. Sicherlich ist für eine Reise durch Peru während der Pandemie einerseits Kooperationsbereitschaft und andererseits Flexibilität gefragt. Ansonsten habe ich keine Einschränkungen wahrgenommen, die das Reisen erschweren oder gar verhindern würden. Im September fuhren regelmäßig und teils hochfrequentiert Fernbusse. Alle Sehenswürdigkeiten waren offen und konnten auf diese Art selten leer erlebt werden. Allemal überraschend war die wirklich geringe Präsenz von europäischen oder amerikanischen Tourist:innen – und das im normalerweise touristischsten Teil des Landes. Zum größten Teil reisten wir gemeinsam mit Peruanern oder Reisenden aus anderen lateinamerikanischen Ländern, was die Erlebnisse für mich persönlich authentischer und spannender machte. Reisen im eigenen Land oder im eigenen Kontinent sind ja schließlich auch bei uns in Europa im Trend. 

 

Ich kann meine Freude darüber, diese Reise nach Peru gemacht zu haben, kaum in Worte fassen. Und ebenso groß schien mir auch die Freude der Einheimischen, endlich wieder Reisende in Empfang nehmen zu können, deren Abwesenheit so Einigen während der Pandemie die Existenz gekostet hat.

 


 

Vielen Dank an Leserin Hannah für diesen tollen Erfahrungsbericht!

Mehr Artikel und Erfahrungsberichte von uns und aus unserer QUER DURCH PERU-Community findet ihr:

 

1 Kommentar
  • Posted at 9:30, 16. Januar 2022

    Danke für den lesenswerten Reisebericht! Arequipa wird für uns immer mit hervorragendem Essen in kleinen Restaurants und unserer Top-Location, einem Stand mit 2 Tischen im Eingangsbereich einer Autobastelbude verbunden bleiben. Die klare Luft konnte ich förmlich in den Lungen spüren bei deiner Beschreibung.
    Ja, was die Kinder angeht… hier bekommt die Mehrheit psychische Schäden weil das Tablet nicht schnell genug ist für Homeschooling und parallel Video gucken, in Peru sind sie happy weil der Drucker Ausmalmotive ausspuckt. Weniger reich und trotzdem glücklicher? Wie kann das sein? Danke für den Perspektivenwechsel, bleib gesund!

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